Heilpraktikerrecht
Von der Sinnlosigkeit von Disclaimern und “wichtigen Patientenhinweisen”
Heilpraktikerrecht: Im November 2014 erging am Landgericht Karlsruhe ein Urteil gegen eine osteopathische Praxis, in dem ausführlich zur Nutzlosigkeit von “Aufklärungshinweisen” Stellung genommen wurde. Ich habe das Urteil in einem anderen Artikel bereits besprochen, möchte aber den Teil, der sich mit Aufklärungshinweisen beschäftigt, besonders hervorheben, weil so viele Heilpraktiker / Therapeuten das falsch machen.
Die abgemahnte Praxis hatte folgenden Passus in ihrer Website stehen:
„Aus rechtlichen Gründen wird darauf hingewiesen, dass in der Benennung der beispielhaft aufgeführten Anwendungsgebiete selbstverständlich kein Heilversprechen oder die Garantie einer Linderung oder Verbesserung der aufgeführten Krankheitszustände liegen kann. Die Anwendungsgebiete beruhen auf Erkenntnissen und Erfahrungen in der hier vorgestellten Therapierichtung (Osteopathie) selbst. Nicht für jeden Bereich besteht eine relevante Anzahl von gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, d.h. evidenzbasierten Studien, die die Wirkung bzw. therapeutische Wirksamkeit belegen.”
Zu diesem Disclaimer trug der VSW vor, dieser “Aufklärungshinweis” sei nicht in der Lage, die von der Werbung ausgehende Irreführungsgefahr zu beseitigen. Der Hinweis sei floskelhaft und schon vom Ansatz her darauf angelegt, sich der berechtigten Inanspruchnahme durch Wettbewerber oder Verbände zu entziehen. Der Hinweis werde vom angesprochenen Verkehr als bloßer rechtlicher Pflichtsatz verstanden, als eine Art Förmelei. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Beklagten den Hinweistext mit der Formel “Aus rechtlichen Gründen” einleiteten, aus der sich eine klare inhaltliche Distanzierung entnehmen lasse. Bei nüchterner Betrachtung lese sich die Formulierung auch so, dass die Beklagten erklärten, die Wirksamkeit könne nicht für jeden Einzelfall garantiert werden, sei aber regelmäßig gegeben.
Das Gericht folgte dieser Auffassung. Der unterhalb der vorgenannten Werbeaussagen aufgeführte fettgedruckte Hinweis sei nicht geeignet, die durch die Werbeaussagen hervorgerufene Irreführung zu beseitigen. Im Gegenteil trage dieser Hinweis weiter zur Irreführung bei: Der erste Satz dieses Hinweises betone nach der Einleitung “Aus rechtlichen Gründen…” eine jedem vernünftigen Verbraucher ohnehin bekannte Selbstverständlichkeit, dass nämlich mit der Benennung der Anwendungsgebiete kein Heilversprechen verbunden sei. Ein relevanter Teil der Verbraucher werde den restlichen Teil des Hinweisabsatzes nach einem solchen Satz schon nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Der darauf folgende Satz, wonach die Anwendungsgebiete auf Erkenntnissen und Erfahrungen in der hier vorgestellten Therapierichtung (Osteopathie) selbst beruhten, besage nichts darüber, dass die Wirkungen fachlich umstritten, jedenfalls nicht hinreichend nachgewiesen seien. Auf eine Gegenmeinung werde damit nicht hingewiesen.
Man kann nicht oben etwas behaupten und es unten formelhaft wieder aufheben.
Dies habe ich vielen Heilpraktikern auch schon so erklärt. Wenn man sich auch noch deutlich inhaltlich distanziert, indem man schreibt, dass man aus rechtlichen Gründen dazu gezwungen sei, die Wirkung zurückzunehmen, hat das keine Wirkung. Erinnern Sie sich daran, wie Sie sich in Ihrer Kindheit manchmal gegen Ihren Willen bei Ihrem “Erzfeind” entschuldigen und ihm die Hand geben mussten? Beide Seiten wussten, dass diese Entschuldigung nichts bedeutete, und nur die Mutter / der Lehrer dachte, es sei damit erledigt. Genau so verhält es sich mit einem Aufklärungshinweis. Der Subtext ist “Ich finde meine Methode eigentlich toll und sie wirkt hervorragend, aber ich darf das ja nicht sagen, deshalb schreibe ich jetzt zähneknirschend diesen blöden Hinweis.” Entweder liest der Besucher den Aufklärungshinweis gar nicht, oder er weiß auch, dass er nichts bedeutet. Der Streitstand daher muss an prominenter Stelle ehrlich dargestellt werden, damit der Besucher sich einen objektiven Eindruck von der Heilmethode machen kann.
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