Stundensatzkalkulation

Preisgestaltung – Wenn du mit dem Preis punkten willst, kannst du nie billig genug sein!

Stundensatzkalkulation ist für viele Dienstleistungsunternehmer ein ganz schwieriges Thema. Viele Dienstleister scheuen sich, einen adäquaten Preis für ihre Leistung zu nehmen, weil sie befürchten, es komme keiner, wenn sie zu teuer wären. Aber das stimmt nicht – das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Im Gegenteil: Je teurer ich werde, desto interessanter wurden die Aufträge und desto mehr Leute kommen.

Als ich meine Kommunikationswerkstatt gründete, setzte ich meinen Stundensatz auf € 25,- fest. Das lag daran, dass ich kurz zuvor noch als Sekretärin gejobbt und nur € 20,- pro Stunde erhalten hatte. Ich wusste es einfach nicht besser, und ich hatte auch wirklich noch nicht viel Erfahrung. Die Kunden, die ich in dieser Phase anzog, hatten alle kein Geld. Sie wollten Flyer, die sie auf dem Bürodrucker selbst ausdrucken konnten. Ihre Websites waren mit Baukastensystemen erstellt. Sie waren nicht bereit, sich etwas zu leisten. Sie dachten in kleinen Beträgen. Manche von ihnen sind nie richtig rausgekommen, einige haben ihre Selbstständigkeit wieder aufgegeben.

Wenn du einen zu geringen Stundensatz verlangst, spielst du in der Niedrigpreis-Liga und ziehst Niedrigpreis-Kunden an.

Niedrigpreis-Kunden wollen den Preis immer noch ein bisschen mehr drücken. Sie wollen Mengenrabatte und freunden sich mit dir an, damit du Freundschaftspreise verlangen. Und sie empfehlen dich auch nur an finanziell schwache Menschen weiter, denn mit Reicheren sind sie ja nicht befreundet. Du wirst also zur Mutter Theresa deiner Branche und wunderst dich, warum du dir so den Buckel krumm schuften musst.

Damit meine ich nicht, dass du keine sozial schwachen Kunden annehmen sollst. Aber setze einen angemessenen Preis für deine Leistung fest und gehe notfalls runter, wenn ein bedürftiger Kunde kommt. Wenn du z.B. Heilpraktiker bist, kannst du eine Beratungsstunde für sozial Schwache einrichten, die einen reduzierten Satz zahlen. Und von den anderen Kunden verlangst du einen angemessenen Betrag, von dem du leben kannst.

Du ziehst keine wohlhabenden Kunden an, wenn du billig bist.

Zwar kaufen wir alle gerne Schnäppchen. Aber das Besondere an einem Schnäppchen ist, dass der Artikel normalerweise teurer ist. Wenn du aber immer billig bist, wird deine Zielgruppe nicht breiter, sondern nur anders. Du bist der Primark in deiner Branche. Der zahlungsbereite Kunde, der eine gute Leistung einkaufen will, wird woanders kaufen, wenn du billig bist, denn er hat kein Vertrauen, dass du dein Geld wert bist.

Was nichts kostet, ist wirklich nichts wert.

Kunden, die eine gute Leistung wollen, wissen, dass diese ihren Preis hat. Wenn ich mir vorstelle, einen nagelneuen Mercedes zu sehen und er kostet nur € 5.000 Euro, dann werde ich misstrauisch: Warum ist der so billig? Wo ist der Haken? Irgendwas stimmt doch nicht mit diesem Auto! Wenn ich außerhalb vom Sale einen Cashmere-Pullover für € 25,- sehe, sehe ich die geknechteten Bangladeshis förmlich vor mir, wie sie in den giftigen Substanzen sitzen und diese einatmen müssen. Und Schweinenackensteak bekommt man auch nur deshalb in vielen Discountern so billig, weil die armen Schweine (im doppelten Wortsinne) unter KZ-artigen Umständen gehalten werden… aber das ist jetzt ein anderes Thema.

Alles hat seinen Preis, und wenn der nicht verlangt wird, muss es dafür triftige, temporäre Gründe geben. Wenn ich einen Coach sehe, der in einer Metropole wie Frankfurt oder München arbeitet und einen niedrigen Stundensatz hat, weiß ich automatisch, dass er ein Selbstwertproblem hat. Wenn der Coach auch den Niedrigverdienenden ermöglichen will, einen Coach aufzusuchen, dann identifiziert er sich mit ihnen. Und dann kann er mich z.B. nicht in Bezug auf Reichtum und Selbstliebe coachen, weil er das für sich selbst noch nicht gelöst hat.

Wenn du dich im unteren Preissegment bewegst, wirst du Kunden bekommen, die dich ausnutzen wollen.

Solvente Kunden gehen lieber zu einem erfolgreichen Coach – und den erkennen sie man daran, dass er einen normalen Preis nimmt, von dem er seine Miete, die Rente, die Krankenversicherung und das Essen bezahlen kann. Wenn solvente Kunden zu dir kommen, weil du billig bist, dann wirst du dich ausgenutzt fühlen. Mit Menschen, die dich ausnutzen, willst du nichts zu tun haben.

Du musst ja nicht gleich so viel nehmen wie Sabine Asgodom (meines Wissens hat sie einen Stundensatz von 500 Euro), aber wenn du deine Ausgabenstruktur anschaust, lernst du schnell, wie viel du pro Stunde nehmen solltest. Denn du kannst ja nicht jede Arbeitsstunde abrechnen, weil du auch Emails beantworten, vorbereitende Telefonate führen, Buchhaltung und Marketing machen musst.

Ein niedriger Stundensatz basiert immer auf dem Gefühl, mehr Geld nicht wert zu sein. Der zu Grunde liegende Glaubenssatz ist oft „Ich bin nicht gut genug“. Und kein Zertifikat der Welt, keine Doktorarbeit mit summa cum laude ist kraftvoller als ein alter Glaubenssatz.