Planst du einen Onlinekurs?

Wenn du einen Onlinekurs planst oder schon verkaufst, hast du vielleicht auch schon mal von der ZfU und dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) gehört.

Worum geht’s beim FernUSG?

Das FernUSG will Menschen schützen, wenn sie für Kurse zahlen, die sie (überwiegend) online absolvieren. Es legt Regeln dafür fest, wie solche Kurse gestaltet sein müssen, damit sie rechtlich sicher sind. Für dich als Unternehmer heißt das: Wenn du Kurse anbietest, die unter das FernUSG fallen, brauchst du in vielen Fällen eine staatliche Zulassung. Ohne diese Zulassung riskierst du, dass deine Verträge nichtig sind – also rechtlich ungültig.

Teilnehmer können in solchen Fällen ihr Geld zurückfordern, selbst wenn sie den Kurs bereits genutzt haben.

Welche Kurse fallen unter das FernUSG?

Das Gesetz greift, wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind:

  • Der Kurs kostet Geld.
  • Der Veranstalter und die Teilnehmer sind räumlich getrennt: Es geht um Kurse, die online stattfinden – also keine Präsenzveranstaltungen.
  • Der Veranstalter kontrolliert den Lernerfolg z.B. durch Tests, Aufgaben oder Feedback, um sicherzustellen, dass die Teilnehmer Fortschritte machen.

Wenn das alles zutrifft, braucht man in der Regel eine Zulassung von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU).

Was passiert, wenn du keine Zulassung hast, obwohl du eine gebraucht hättest?

Ohne Zulassung sind deine Verträge mit den Teilnehmern nichtig. Das bedeutet, deine Kunden können bereits gezahltes Geld zurückfordern – sogar dann, wenn sie den Kurs vollständig durchlaufen haben.

Wie kannst du das FernUSG umgehen?

  • Dein Kurs dient vorrangig der Freizeitgestaltung oder Unterhaltung. Aber das ist nicht so wichtig wie die folgenden beiden Kriterien:
  • Dein Kurs hat einen Live-Anteil (Videokonferenzen) von mehr als 50 % und du zeichnest diese nicht auf. Live bedeutet nämlich, dass die Lerneinheiten wirklich nur zu festgelegten Zeiten zugänglich sind.
  • Du bietest keine Lernerfolgskontrolle.

Die Rechtsprechung ist leider uneinheitlich.

Der BGH hatte 2009 entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal der Überwachung des Lernerfolges weit auszulegen sei. Der BGH sah die bis dahin geltenden Rechtsvorschriften als nicht mehr hinreichend an. Sie würden nicht die besondere Situation eines Fernunterrichtsinteressenten berücksichtigen, welche vielleicht Schwierigkeiten habe,

  • seine eigenen Fähigkeiten,
  • die Qualität des angebotenen Fernlehrgangs sowie
  • dessen Eignung für seine eigenen Bedürfnisse

einzuschätzen.

Daher sei eine Überwachung des Lernerfolges nach § 1 I Nr. 2 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z.B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten erhalte. Lediglich der reine Selbstlernkurs fällt nicht unter das FernUSG. Wer also zusätzlich zur Wissensvermittlung auch Q&A Calls, WhatsApp-Support oder ähnliches anbietet, ermögliche eine „individuelle Lernerfolgskontrolle“.

Vor diesem Hintergrund dürftest du praktisch keinerlei Feedback anbieten, um das FernUSG zu vermeiden.

Seitdem ist in der Rechtsprechung aber viel in Bewegung, und die Entscheidungen sind uneinheitlich. Manche Oberlandesgerichte vertreten, das FernUSG sei auf B2B-Verträge gar nicht anwendbar, andere sind der Auffassung, es sei sehr wohl auf B2B anwendbar.

Auch in Bezug auf die Anforderungen an eine Lernerfolgskontrolle urteilen die Gerichte unterschiedlich. Das OLG Schleswig urteilte z.B., nicht jede Interaktion zwischen Dozent und Teilnehmer sei eine Lernerfolgskontrolle.

Es bleibt zu hoffen, dass ein solches Verfahren vor dem BGH landet, damit dieser etwas Klarheit bringt. Aber „wo kein Kläger, da kein Richter“ – das bedeutet, dass eine Partei über genug finanzielle Mittel verfügen muss, um nach der Berufungsinstanz (in der Regel das OLG) auch noch die Revisionsinstanz zu bemühen. Die Kosten hierfür sind etwas höher als für die Berufungsinstanz.

Das Landgericht Hamburg hatte sich 2023 im Wesentlichen der oben beschriebenen Rechtsauffassung des BGH angeschlossen.

Auch das OLG Celle hatte im März 2023 entschieden, das FernUSG sei auf Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen anzuwenden.

Denn die Regelungen des FernUSG könnten in dem Kontext, in dem sie verabschiedet wurden, auch so verstanden werden, dass sie zwar zum Schutz der Verbraucher getroffen wurden, dass aber Unternehmer nicht ausgeschlossen werden sollten. Diese hätten gleichfalls von den getroffenen Regelungen profitieren sollen.

Das FernUSG wolle der „Enttäuschung der Bildungswilligkeit“ vorbeugen und sei von einer erheblich höheren Schutzbedürftigkeit des Teilnehmers am Fernunterricht im Verhältnis zu demjenigen am Direktunterricht ausgegangen. Damit sei nicht auf die Eigenschaft des Teilnehmers als Verbraucher abgestellt worden.

Der Gesetzgeber sei bei der Formulierung des Gesetzes von einem umfassenden und weiten Verständnis des Begriffs der Überwachung des Lernerfolgs ausgegangen. Der Lehrende oder sein Beauftragter solle sich dabei schriftlicher Korrekturen ebenso wie begleitender Unterrichtsveranstaltungen oder anderer Mittel bedienen können. Deshalb komme auch eine mündliche Kontrolle während eines begleitenden Direktunterrichts als hinreichende Überwachung des Lernerfolgs, z. B. durch Frage und Antwort, in Betracht. Es sei ausreichend, wenn eine individuelle Anleitung des Lernenden vorgesehen sei, die eine Lernerfolgskontrolle ermögliche. Insgesamt sei eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z. B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinem Beauftragten zu erhalten.

OLG München und OLG Nürnberg haben im Oktober bzw. November 2024 entschieden, dass das FernUSG nur im B2C-Bereich gelte.

Das OLG München begründete, aus den Gesetzesmaterialien lasse sich ersehen, dass mit dem aus dem Jahre 1975 stammenden FernUSG nach dem Verständnis des Gesetzgebers versucht werden sollte, Defiziten bei der Verschaffung eines Marktüberblicks für Fernunterricht und bei der Vergewisserung über die Zweckmäßigkeit und Eignung von teilweise sehr aufwendigen Fernlehrgängen Rechnung zu tragen und den Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes zu sichern.

Für die fehlende Anwendbarkeit des FernUSG auf Unternehmer als Lernende spreche auch § 4 I FernUSG, da dort auf § 355 BGB verwiesen werde, der den Verbraucherwiderruf normiere.

So argumentierte auch das OLG Nürnberg, und es fügte noch den Gedanken hinzu, dass der Umstand, dass das FernUSG den Begriff des Verbrauchers nicht verwende, und keine gesonderte Vorschrift enthalte, welche die Anwendung des Gesetzes im Ergebnis explizit nur für Verbraucherverträge vorschreibe, nicht dazu führe, dass von der Anwendbarkeit des FernUSG auch auf Unternehmer auszugehen sei, denn im Jahr der Verabschiedung des FernUSG am 24.08.1976 habe es noch keine Legaldefinition für Verbraucher gegeben.

In einem anderen Fall hatte das OLG München im Mai 2024 entschieden, dass der Begriff der Lernerfolgskontrolle zwar weit auszulegen sei, dass aber nicht jeder Austausch mit dem Coach eine Lernzielkontrolle darstelle, sondern in (diesem Fall) eine individuelle Beratung in Bezug auf die Unternehmensoptimierung.

Auch das OLG Schleswig ist unternehmerfreundlich und legt den Begriff der Lernerfolgskontrolle enger aus als der BGH. In einem Urteil, wo es um einen Streitwert von über 50.000 für ein Onlinecoaching zur Unternehmensgründung ging, argumentierte das Gericht, auch wenn es gewisse Interaktionen zwischen Dozent und Teilnehmer gebe, reiche das für die Annahme einer irgendwie gearteten Lernerfolgskontrolle nicht aus.

Begriffe wie Studium, Absolvent, Zertifikat o.ä., die implizieren könnten, dass eine solche stattfinden würde, würden gerade nicht genannt. Das Programm sei schon seinem objektiven Inhalt nach nicht darauf gerichtet, dass ein bestimmter, objektiv messbarer Lernerfolg erzielt würde, sondern darauf, dass der Mentor sein persönliches Erfahrungswissen weitergebe.

Die Meetings zwischen Klägerin (Dozentin) und Teilnehmern seien so abgelaufen, dass die Mentoren ihre Erfahrungen teilten und ganz individuelle Fragen, die auch zuvor eingesandt werden könnten, beantworteten. Im Rahmen der „Lektoring“-Stunden im Gegensatz zum „Mentoring“ hätten keine Fragen gestellt werden können. Die Teilnehmer hätten ihr bisher genutztes Telefonskript eingereicht und dieses sei dann “durchgegangen“ worden. Die Coaches hätten erläutert, was sie ändern würden und Tipps gegeben. Die Umsetzung des Gehörten habe jeweils an den Kunden selbst gelegen.

Dies stelle keine Kontrolle eines abprüfbaren Lerninhaltes dar. Verständnisfragen dergestalt, ob das Gehörte richtig verstanden worden sei, würden für eine Lernerfolgskontrolle nicht ausreichen. Zum einen ließe sich so jede Art Vortrag, der nur ein Mindestmaß an Fragestellung durch die Teilnehmer zulässt, in eine Lernkontrolle wandeln, zum anderen erfolgte diese im Rahmen einer Art Selbstkontrolle und nicht durch den Lehrenden oder Beauftragten. Deswegen sei auch eine irgendwie geartete Kontrolle durch die Teilnehmer untereinander (etwa in Telegram-Gruppen) nicht geeignet, eine Kontrolle des Lernerfolgs im Sinne des FernUSG darzustellen.

Wenn du planst, einen Onlinekurs auf die Schiene zu bringen, vereinbare einen Termin mit mir und wir schauen gemeinsam, wie du den Kurs designen musst, um das FernUSG zu vermeiden.