Bei Werbefotos für Heilpraktiker darf man nicht einfach drauflos schießen!
Werbefotos Heilpraktiker – am liebsten schieße ich sie selbst. Aber wenn Kunden zu weit weg sind von mir, beauftrage ich andere Kollegen. Und auch obwohl ich sehr sorgfältig bin und mir die in Frage kommenden Kollegen genau anschaue, bin ich schon mehrere Male reingefallen.
Wenn das Briefing nicht befolgt wird:
A. Aufräumen
Für Werbematerialien brauche ich cleane Fotos, also sehr aufgeräumte Praxen und schöne Stillleben, weil ich z.B. in Printmedien oft Text in die Fotos setze, und weil auch auf einer Website das Foto ruhiger aussieht, wenn möglichst wenig Kleinteile zu sehen sind. Wenn ich die Fotos selbst schieße, kann es vorkommen, dass ich die Praxis umräume, mindestens aber räume ich sie auf. Denn all die kleinen dektorativen Sächelchen, die man gerne überall hinstellt, stören auf einem Foto. Anders ist es bei Stillleben: Hier inszeniere ich gerade diese kleinen Sächelchen und gehe ganz nah an sie heran.
Wenn ich die Fotos nicht selbst machen kann, sage ich das dem Fotografen und dem Kunden, aber danach sind wir alle in Gottes Hand, denn wenn ich das Shooting fernmündlich begleite, kostet das ja auch wieder Geld. Kürzlich waren ein Cassettenrecorder, ein unordentliches Medizingerät und anderes Zeug im Bild. Der Fotograf kam nicht darauf, das wegzuräumen, obwohl ich ihn telefonisch angewiesen hatte, alles wegzuräumen, was herumstand. Meine (strenge) Anwältin wies mich daraufhin, dass für abgespielte Musik GEMA-Gebühren anfallen würden. Ich wählte also einen anderen Ausschnitt. Das Medizingerät und das andere Zeug blieben im Bild, weil es zu kompliziert gewesen wäre, es rauszuschneiden.
B. Gesetzliche Vorgaben
Wenn es sich um Werbefotos für Heilpraktiker handelt, müssen viele gesetzliche Vorgaben berücksichtigt werden. Kurz gesagt: Es darf nicht zu medizinisch aussehen. Ich teile den Fotografen regelmäßig mit, dass der Auftraggeber nicht gemeinsam mit dem Patienten zu sehen sein darf. Bei einer Massage darf man den Rücken des Patienten sehen und die Hände des Masseurs, aber das wars auch schon. Es genügt nicht, wenn nur das Gesicht des Behandlers oder des Patienten nicht zu sehen ist, weil Abbildungen, auf denen man alles außer dem Gesicht sehen kann, meist einen informativen und keinen rein dekorativen Charakter haben. Das ist aber nach dem Heilmittelwerbegesetz nicht zulässig. Die Behandlungsgriffe müssen allgemein und unspezifisch aussehen, bei osteopathischen Behandlungen dürfen nur craniale und viszerale Griffe gezeigt werden. In einem Projekt konnte ein Drittel der Fotos deswegen nicht verwendet werden. Der Fotograf hatte einfach vergessen, dass ich ihm das gesagt hatte.
Bei Medikamenten darf man die Aufschrift nicht lesen können. Bei herumliegenden Zeitschriften darf man den Titel nicht erkennen (Schleichwerbung).
C. Unangemessene Fotos
Von einer Heilpraktikerin bzw. einem Heilpraktiker erwarte ich als Patientin vor allem Kompetenz. Portraitfotos von Heilpraktikern müssen also Seriosität, Freundlichkeit und Verlässlichkeit vermitteln. Ich empfehle meinen KundInnen daher immer gedeckte Kleidung, wenig Schmuck und dezentes Makeup. Eine Kundin hat den Fotografen selbst ausgewählt. Als ich die Fotos sah, erkannte ich sie buchstäblich nicht wieder. Geschminkt, frisiert, mit Sommerkleid und über die Schulter geworfenem Jäckchen sah sie aus wie ein Model aus einem Katalog. Wenn man mal davon absieht, dass sie auf keinem Foto lächelte, eigneten sie sich sehr gut für ein Datingportal für Akademiker, aber nicht für die Website einer Heilpraktikerin.
Ein Fotograf schoss vor vielen Jahren Fotos von einer Kundin, auf denen diese einen tiefen Ausschnitt trug. Auf mehreren Meditationsfotos lächelte sie ironisch.
Eine andere Kundin, die von einem anderen Fotografen abgelichtet wurde, lächelte auf dem Profilfoto zwar nicht ironisch, aber starr. Wir mussten das Foto nehmen, und es ist auch ok, aber eben nicht toll.
Ein anderer Fotograf schoss Fotos von einer Yogagruppe, auf der eine Teilnehmerin schwarz gekleidet war und eine größere Präsenz hatte als die Auftraggeberin.
D. Technische Fehler
Ein Fotograf schoss keine RAW-Fotos, sondern nur JPG. Eine RAW-Datei ist wie ein Negativ. Man kann sehr viel aus dem Datenmaterial rausholen. Ein unterbelichtetes RAW-Foto kann man noch retten, auch ein überbelichtetes in manchen Fällen. Ein JPG enthält hingegen kaum noch Informationen, daher kann man nicht mehr viel machen. Ein Fotograf schoss tatsächlich nur im JPG-Format und rückte damit heraus, als ich ihn bat, einige ausgebrannte Stellen nochmal nachzubearbeiten. Man konnte nichts mehr schärfen, keine ausgebrannten Bereiche mehr retten. Der Fotograf hatte auf seiner Website einen guten Eindruck gemacht, konnte die sich daraus ergebenden hohen Erwartungen aber leider nicht erfüllen. Auf manchen Fotos hatte er sogar sein Equipment auf der Fensterbank liegen lassen.
Fazit: Ich mache es doch lieber selbst.
Obwohl ich versucht habe, aus den Fehlern der Kollegen zu lernen, kann ich doch nicht alle vermeiden. Auch wenn ich auf alles hinweise, habe ich natürlich keine Chance, wenn ein Kollege das gesamte Briefing vergisst.
Mein Tipp: Prüfe genau, was der ortsansässige Fotograf kostet und wie er abrechnet. Es kann sein, dass ich letztlich doch nur genauso viel koste wie er, weil ich dir nicht die einzelnen Bilder berechne, sondern nur die Zeit. Wenn du sehr weit entfernt wohnst, kann natürlich meine Anfahrt der teuerste Posten in der ganzen Rechnung werden. Aber wenn der Preisunterschied nur € 200,- beträgt, wäre es besser, ich komme selber.
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