Auch für Geistheiler gilt das Heilmittelwerbegesetz.

Geistheiler berufen sich gerne auf den sog. Geistheiler-Beschluss vom Bundesverfassungsgericht – leider zu Unrecht.

Das Landgericht Tübingen hat 2022 entschieden, dass das Heilmittelwerbegesetz auch auf Geistheiler Anwendung findet, und dass sich der Beklagte (Geistheiler) nicht auf den Geistheiler-Beschluss berufen könne.

Der Geistheiler war von einem Abmahnverein abgemahnt worden, folgende Formulierungen zu unterlassen:

  1. „Dies ist eine besonders kraftvolle Art des Geistigen Heilens, d.h. der Übertragung feinstofflicher Heilenergien, die … jeder angemeldete Teilnehmer bequem Zuhause empfangen kann. So schwer vorstellbar das auch klingen mag: Die Heilenergien werden von uns zu Dir nach Hause übertragen, ohne dass wir anwesend sein müssen. Die Wirkungen dieser Energieübertragung sind für die meisten Menschen deutlich erlebbar und werden häufig von körperlichen oder emotionalen Wahrnehmungen begleitet“,
  2. „Diese energetische Heilbehandlung kann von vielen Menschen gleichzeitig zuhause empfangen werden kann. Vollkommen mühelos. Einfach hinlegen und genießen. Hierbei wird die Energie nicht auf alle Teilnehmer „verteilt“, sondern jeder empfängt ganz natürlich genauso viel, wie er gerade benötigt. Nicht weniger und nicht mehr“,
  3. „… Stimmen wir uns mental auf dich und alle anderen Teilnehmer ein und stellen eine energetische Herzensverbindung zu dir her. Du kannst die Behandlung zuhause, bequem liegend empfangen. Vollkommen mühelos. Einfach hinlegen und genießen. Die Heilenergien kommen ohne dein eigenes Zutun bei dir an“,
  4. „Während der Fernbehandlung schicken wir dir eine breite Palette an verschiedenen Energiefrquenzen, die die innewohnende Intelligenz von Körper und Seele (die Selbstheilungskräfte) tiefgehend anregen können“
  5. „Der Körper braucht während des Empfangens der Fernheilung die Möglichkeit zur Entspannung. Liegen oder bequem sitzen sind somit unbedingt notwendig, damit die nun in Gang kommenden Regnerationsprozesse ideal ablaufen können.
    Ist die Gelegenheit zu dieser Entspannung nicht gegeben, weist ein Teil des Unterbewusstseins die Heilenergien ab“,
  6. „Die wöchentliche Heilenergieübertragung kann die Selbstheilungskräfte deines Körpers stark anregen. Durch die energetische Anregung der Selbstheilungskräfte wird es dem Körper möglich, eine Vielzahl von verschiedenen Beschwerden und Schmerzproblemen zu regnerieren“
  7. „Während der Behandlung stellt sich oft eine körperliche Entspannung ein. So können sich tief verwurzelte Stresse im Nervensystem lösen, das Wohlbefinden kann zunehmen“,
  8. „Bei Erschöpfung, anhaltender Müdigkeit und Kraftlosigkeit kann die körperliche Vitalität deutlich zunehmen. Aktuelle schwächen des Körpers können sich schnell auflösen und in Vitalität und Widerstandskraft verwandeln“,
  9. „Die Heilenergieübertragung kann auch ausgleichend und harmonisierend auf Nebenwirkungen bei medikamentösen Therapien wirken“,
  10. „In vielen Fällen kann sie die Heilungsprozesse nach Unfällen oder Operationen beschleunigen und kann auch unterstützend zu jeder anderen Behandlungsform eingesetzt werden“;
  11. „Durch die Teilnahme an der Fernheilung können sich vielerlei seelische Beschwerden mit der Zeit immer mehr bessern. Hierzu gehören z.B.: Ängste, Niedergeschlagenheit, Stimmungsschwankungen, Trauer, Verzweiflung, Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit, Pessimismus, Innere „Leere“, seelische Konflikte und andere belastende emotionale Zustände.
  12. Angespanntheit, Reizbarkeit, Ruhelosigkeit sowie viele Arten von Stressymptomen können sich zunehmend in Harmonie und Wohlbefinden wandeln.
  13. Traumatische Erfahrungen können sich lösen, so wie Unbewusste seelische Blockaden und Konflikte, die Dir Dein Leben erschweren.
  14. Die Fähigkeit, Freude zu empfinden kann sich deutlich erweitern. Innere Ruhe und Gelassenheit können zunehmen.“

Das Gericht verurteilte den Geistheiler zur Unterlassung sämtlicher der oben genannten Formulierungen und bezeichnete sie als unlauter gemäß §§ 3, 3a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) i.V.m. § 3 Heilmittelwerbegesetz (HWG). In den Aussagen lägen jeweils gesundheitsbezogene Angaben. Der Geistheiler könne aber nicht beweisen, dass die Angaben zutreffen seien, sondern räume selbst ein, dass sie nicht wissenschaftlich abgesichert seien. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung von 2007 (Geistheiler-Beschluss) festgestellt, dass das Heilmittelwerbegesetz auch für Geistheiler gelte.

„Anlass der gesetzlichen Regelung ist (…) die besondere Schutzbedürftigkeit erkrankter oder älterer Menschen vor unangemessen beeinflussender Werbung. Diese Schutzbedürftigkeit ist nicht etwa deswegen weniger einschlägig oder weniger dringend, weil der Geistheiler jenseits der Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und Überpfüfbarkeit arbeitet.“

Zur Einordnung: Das ist ein sehr strenges Urteil, und es ist „nur“ ein Landgericht, also (wegen des Streitwerts) ein erstinstanzliches Gericht, kein Oberlandesgericht. Nach diesem Urteil darf man über Geistheilung nur sehr wenig sagen. Wichtig ist, dass man sich sehr bedeckt hält mit seinen Versprechungen, und vielleicht ist es in anderen Gerichtsbezirken weniger streng.