Abmahnung Heilpraktiker – Welche Formulierungen sind gefährlich?

Abmahnung Heilpraktiker: Wenn Sie bereits abgemahnt worden sind, lesen Sie bitte diesen Artikel von Frau Dr. Oberhauser. Um den Kontakt mit dem Verband Sozialer Wettbewerb bzw. mit dem Gericht zu vermeiden, dürfen Sie viele Formulierungen nicht verwenden. Die folgenden Ausführungen stammen aus zahlreichen Telefonaten mit Dr. Anette Oberhauser, außerdem bin ich selbst Volljuristin.

Keine Wirkaussagen!

Dass man als Heilpraktiker keine Heilversprechen machen darf, hat sich herum gesprochen. Aber auch Wirkaussagen sind abmahngefährdet, und eine Wirkaussage ist schnell gemacht, denn praktisch alles, was man über eine Methode sagen kann, fällt in diese Kategorie. Denn warum beklopft man wohl den Patienten hier oder dort, anstatt in der Zeit mit ihm einen Kaffee trinken zu gehen? Weil es wirkt!

Sprechen Sie nicht von Blockaden.

Zum Begriff Blockaden bzw. blockiert gibt es bereits ein Urteil. Zwar ist “Blockade” schön unspezifisch, so dass sie jede Art von Störung, Widerstand oder Sperre beschreibt, gleichgültig, ob diese auf grob- oder feinstofflicher Ebene auftritt. Doch leider hat eine Blockade laut Gerichtsentscheidung einen Krankheitswert. Für Sie bedeutet das, noch spezifischer zu untersuchen, worin die Blockade genau besteht, damit wir einen Begriff finden, zu dem es noch kein Urteil gibt.

Winken Sie nicht mit dem Letzten Strohhalm.

Sie haben viele von der Schulmedizin austherapierte Patienten? Sagen Sie das nicht auf Ihrer Website, denn sonst stellt Ihre Behandlung für neue Patienten den Letzten Strohhalm dar, nach dem sie verzweifelt greifen. Sie dürfen nicht suggerieren, die letzte Rettung zu sein.

Verunsichern Sie den Leser nicht.

Achten Sie in Ihren Beschreibungen darauf, dem Leser keine Angst zu machen und nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe ganz schlimm um ihn. Beschreiben Sie keine schrecklichen Zukunftsszenarien, die er nur mit Ihrer Behandlungsmethode vermeiden kann.

Was würde eine Kamera sehen?

Relativ ungefährlich sind Beschreibungen dessen, was Sie sichtbar tun, allerdings darf die Beschreibung keine Interpretationen enthalten. Wenn Sie den Patienten mit einer Decke zudecken, können Sie das schreiben. Sie dürfen schreiben, dass Sie den Patienten massieren, denn das sieht man ja. Dass Sie dabei Gelenke justieren, kann man z.B. nicht sehen, daher dürften Sie das nicht schreiben. Aber wenn der Patient auf und ab gehen soll, damit Sie sein Schrittbild einschätzen können, dann dürfen Sie das formulieren.

Überschätzen Sie nicht den Konjunktiv!

Die Methode könnte Schmerzen lindern? Nein, auch das funktioniert nicht. Entscheidend ist der Empfängerhorizont: Wenn der Besucher nach dem Lesen den Eindruck erhält, die Methode wirkt, dann bringt es nichts, wenn Sie mit könnte und würde gearbeitet haben.

Von der Sinnlosigkeit von Disclaimern und “wichtigen Patientenhinweisen”

Im November 2014 erging am Landgericht Karlsruhe ein Urteil gegen eine osteopathische Praxis, in dem ausführlich zur Nutzlosigkeit von “Aufklärungshinweisen” Stellung genommen wurde. Ich habe das Urteil in einem anderen Artikel bereits besprochen, möchte aber den Teil, der sich mit Aufklärungshinweisen beschäftigt, besonders hervorheben, weil so viele Heilpraktiker / Therapeuten das falsch machen.

Die abgemahnte Praxis hatte folgenden Passus in ihrer Website stehen:

„Aus rechtlichen Gründen wird darauf hingewiesen, dass in der Benennung der beispielhaft aufgeführten Anwendungsgebiete selbstverständlich kein Heilversprechen oder die Garantie einer Linderung oder Verbesserung der aufgeführten Krankheitszustände liegen kann. Die Anwendungsgebiete beruhen auf Erkenntnissen und Erfahrungen in der hier vorgestellten Therapierichtung (Osteopathie) selbst. Nicht für jeden Bereich besteht eine relevante Anzahl von gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, d.h. evidenzbasierten Studien, die die Wirkung bzw. therapeutische Wirksamkeit belegen.”

Zu diesem Disclaimer trug der VSW vor, dieser “Aufklärungshinweis” sei nicht in der Lage, die von der Werbung ausgehende Irreführungsgefahr zu beseitigen. Der Hinweis sei floskelhaft und schon vom Ansatz her darauf angelegt, sich der berechtigten Inanspruchnahme durch Wettbewerber oder Verbände zu entziehen. Der Hinweis werde vom angesprochenen Verkehr als bloßer rechtlicher Pflichtsatz verstanden, als eine Art Förmelei. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Beklagten den Hinweistext mit der Formel “Aus rechtlichen Gründen” einleiteten, aus der sich eine klare inhaltliche Distanzierung entnehmen lasse. Bei nüchterner Betrachtung lese sich die Formulierung auch so, dass die Beklagten erklärten, die Wirksamkeit könne nicht für jeden Einzelfall garantiert werden, sei aber regelmäßig gegeben.

Das Gericht folgte dieser Auffassung. Der unterhalb der vorgenannten Werbeaussagen aufgeführte fettgedruckte Hinweis sei nicht geeignet, die durch die Werbeaussagen hervorgerufene Irreführung zu beseitigen. Im Gegenteil trage dieser Hinweis weiter zur Irreführung bei: Der erste Satz dieses Hinweises betone nach der Einleitung “Aus rechtlichen Gründen…” eine jedem vernünftigen Verbraucher ohnehin bekannte Selbstverständlichkeit, dass nämlich mit der Benennung der Anwendungsgebiete kein Heilversprechen verbunden sei. Ein relevanter Teil der Verbraucher werde den restlichen Teil des Hinweisabsatzes nach einem solchen Satz schon nicht mehr zur Kenntnis nehmen. Der darauf folgende Satz, wonach die Anwendungsgebiete auf Erkenntnissen und Erfahrungen in der hier vorgestellten Therapierichtung (Osteopathie) selbst beruhten, besage nichts darüber, dass die Wirkungen fachlich umstritten, jedenfalls nicht hinreichend nachgewiesen seien. Auf eine Gegenmeinung werde damit nicht hingewiesen.

“Kann ich überhaupt selbst einen abmahnsicheren Text schreiben?”

Offen gestanden ist es sehr schwierig. Erstens sind Sie von Ihrer Methode überzeugt und werden erfahrungsgemäß Mühe haben, sich ausreichend von ihr zu distanzieren, dass der Text nicht mehr abmahnfähig ist. Zweitens kennen Sie die ständige Rechtsprechung nicht, und wenn Sie Zugang dazu hätten, würden Sie als juristische Laie wahrscheinlich nicht verstehen, was dort steht. Ich finde es oft selbst sehr schwierig, obwohl ich es täglich mache.

Fazit:

Ich kann daher nur empfehlen, den Text von einem erfahrenen Texter schreiben zu lassen. Und auch die Fotos sind abmahngefährdet, lesen Sie dazu hier weiter.  Lassen Sie sich in jedem Fall umfassend anwaltlich beraten.