Ich bin ein Parade-Beispiel für eine falsche Berufswahl.

Aber zum Glück ist sie gut ausgegangen. Da meine Odyssee auch anderen Menschen Mut und Hoffnung geben kann, teile ich sie mit dir.

Bevor ich mich mit Kommunikation und Marketing zu beschäftigen begann, habe ich Jura studiert und von 1999 bis 2005 als Rechtsanwältin gearbeitet (das Foto ist von 2007). Spaß hat mir das nie wirklich gemacht, aber es hat eine Weile gedauert, bis ich endlich die Hoffnung aufgab, es würde mir irgendwann doch Spaß machen.

Eigentlich fand ich Jura schon während des Studiums zäh und trist.

Die vielen Hausarbeiten waren eine Qual, und ich konnte mich kaum zum Lernen für die Klausuren motivieren. Die Examensvorbereitung war wie eine einsame Wanderung durch die Sahara bei sengender Hitze und stinkendem Wasser. Ich hatte durchaus manchmal Zweifel, ob Jura das richtige Studium für mich war, aber ich wusste damals noch nicht, was ich stattdessen hätte tun sollen.

Vor dem Jurastudium hatte ich einige Semester lang Germanistik ausprobiert, und zwar auf Lehramt, weil mir nichts Besseres einfiel. Wie gut, dass Gott mich und alle Schüler davor bewahrt hat, Lehrerin zu werden! Im Germanistikstudium hatte ich Struktur vermisst und auch keine Zukunftsperspektiven gesehen, denn damals gab es noch eine Lehrerschwemme. Im Studium hatte es keinen Lehrplan und keine Anforderungen gegeben, und nach 13 Jahren Regelschule war ich mit so viel Freiheit nicht zurecht gekommen.

In Jura fand ich zwar Struktur und Zukunftsperspektive, aber leider keine wirkliche Begeisterung. Ich kam gar nicht auf die Idee, dass ein Studium Spaß machen könnte, denn die meisten Kommilitonen hatten ja auch keinen – oder sahen zumindest nicht danach aus. Und ich wollte auch nicht noch einmal das Fach wechseln. Das wäre mir peinlich gewesen. Ich hoffte, dass der Spaß kommen würde, wenn ich selbstständige Anwältin wäre. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: er kam nicht. Ich schmückte mich gern mit der Berufsbezeichnung „Anwältin“, weil ich damit gut angeben konnte, aber ich fühlte mich wie die Müllerstochter aus „Rumpelstilzchen“, die nachts Stroh zu Gold spinnen soll. Wenn ich etwas richtig machte, erschien mir das wie ein glücklicher Zufall und nicht so, als ob ich es aktiv beeinflusst hätte. Die Arbeit war kraftraubend, und am meisten strengte mich an, dass ich den Mandanten gegenüber so tun musste, als ob ich alles im Blick und im Griff hätte.

2000 wurde ich Mutter von Zwillingen.

Als ich 2000 Mutter von Zwillingen wurde, hatte ich eine gute Entschuldigung dafür, dass meine Anwaltstätigkeit nur vor sich hin köchelte. Aber 2005 stieg die Zahl meiner Akten ein wenig – und damit auch der Stress: Beim Öffnen der Anwaltspost wurde mir jedes Mal schlecht, und ich konnte schwer damit umgehen, wenn Anwälte oder Richter mir plötzlich Fristen setzten oder auf sonstige Weise Druck auf mich ausübten.

Doch mich belastete nicht nur der Eindruck, über Jura viel zu wenig zu wissen. Es war mir auch zutiefst zuwider, ständig Konflikte zu führen und diese oft sogar noch anheizen zu müssen. Mir wurde immer klarer, dass diese offensive Herangehensweise fast nie jemandem nützte und alles nur schlimmer machte. Schon allein der Satz „Ich gehe jetzt zum Anwalt“ wird von vielen Menschen als Drohung aufgefasst. Ich war also jemand, den man aufsucht, um gegen jemand anderen vorzugehen. Das passte überhaupt nicht zu mir.
Außerdem waren mir die Streitigkeiten meiner Mandanten vollkommen gleichgültig. Es ging mir auf die Nerven, so viel Energie für etwas aufwenden zu müssen, was mich persönlich gar nicht interessierte.

Die Situation spitzte sich zu, als ich im Herbst 2005 einen äußerst schwierigen Scheidungstermin wahrnehmen sollte und mir daneben in einer komplizierten Mietsache eine sehr kurze Frist gesetzt wurde. Die jeweiligen Mandantinnen verließen sich auf mich, aber ich fürchtete mich fast noch mehr als sie, und meine Mutterpflichten musste ich ja auch noch erfüllen! Mein Körper übernahm die Führung – und bescherte mir eine so starke Erkältung, dass ich den Scheidungstermin nicht wahrnehmen konnte und ein Kollege mich vertreten konnte musste. Wie zur Bekräftigung dauerte die Erkältung drei Monate, und der Husten war so stark, dass ich wochenlang nachts nicht richtig schlafen konnte.

„Welches Bedürfnis erfüllst du dir damit, Anwältin zu sein?“

Ein befreundeter Trainer für Gewaltfreie Kommunikation stellte mir in diesen Tagen eine wichtige Frage: „Welches Bedürfnis erfüllst du dir damit, Anwältin zu sein?“ Ich ging sie alle durch (es sind nicht so viele, wie wir später noch sehen werden) und stellte fest: „Gar keins.“ Am selben Tag telefonierte ich noch mit einer zweiten Trainerin und erzählte ihr von dem ersten Gespräch. Ich war unschlüssig, ob ich den Beruf, für den ich so viele Jahre studiert hatte, einfach so aufgeben sollte. Ja, ich mochte ihn nicht – aber war es nicht peinlich, ihn hinzuschmeißen? Die Trainerin fragte: „Wenn du auf einer Eisfläche läufst und spürst, dass das Eis zu knacken beginnt – ist es dann peinlich, zurück zum Ufer zu gehen?“ Nein, es wäre Wahnsinn, weiterzugehen.

Dies war die Initialzündung für den Ausstieg. Und als ich diese Entscheidung getroffen hatte, fiel mir eine schwere Last von den Schultern. Ich gab alle streitigen Akten an einen Kollegen ab und beschloss, als Kommunikationstrainerin zu arbeiten.

Zunächst wollte ich Kommunikationstrainerin sein.

Schon 2003 hatte ich begonnen, mich intensiv mit Gewaltfreier Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg zu beschäftigen (mehr Information dazu finden Sie im Kapitel Leben ist Beziehung). Ich hatte zahlreiche Seminare absolviert, regelmäßig an Übungsabenden teilgenommen und auch selbst Workshops gehalten (später kam noch eine GFK-basierte Mediationsausbildung dazu). Ich baute eine Homepage mit dem Angebot Mediation, Paarberatung, Seminaren etc. und bewarb die Seminare mit Flyern und Anzeigen. Für die erste Zeit wollte ich mir noch einen Nebenjob als Sekretärin suchen, bis ich als Kommunikationstrainerin etabliert wäre. Als Juristin zu arbeiten kam für mich damals nicht mehr in Frage.

Ich fand als Sekretärin keine Festanstellung, denn die Chefs fanden mich hoffnungslos überqualifiziert. Was ich fand, waren sporadische Urlaubsvertretungen. Überqualifizierung erwies sich auf dem Arbeitsmarkt absurderweise als noch störender als Unterqualifikation: Während man immer noch weitere Fortbildungen absolvieren kann, um sich weiterzubilden, kann man nichts tun, um den „Makel“ der Überqualifikation zu neutralisieren.

Schließlich bekam ich doch zwei Stellenangebote als Rechtsanwaltsgehilfin in Teilzeit: Eine Kanzlei in der teuersten Einkaufsstraße Frankfurts und ein christlicher Fachanwalt für Mietrecht wollten mich nehmen. In die Nobelkanzlei wollte ich nicht, weil mir das Betriebsklima nicht zusagte, also wählte ich den Christen. Doch schon nach vier Tagen sagte er mir mit vernichtenden Worten, dass ich zu gar nichts zu gebrauchen sei. Ich fuhr völlig geknickt nach Hause und fühlte mich wie der nutzloseste Mensch auf diesem Planeten. Als ich zu Hause war, klagte ich meiner Freundin am Telefon mein Leid. Sie sagte: „Ich verstehe nicht, warum du dich dauernd auf Sekretärinnenjobs bewirbst. Warum schreibst du denn nicht? Das kannst du doch am besten!“ Das war der entscheidende Satz, der alles verändert hat. „Achso“, dachte ich, „stimmt eigentlich“.

Dann wurde ich Texterin.

Geschrieben hatte ich tatsächlich schon immer gerne: In der Schule hatte ich es geliebt, Aufsätze zu schreiben. Meine Freunde genossen meine Briefe, rühmten meine präzise Ausdrucksweise und bildhafte Sprache. Und sogar meine juristischen Artikel für‘s Internet hatte ich gerne geschrieben – weil es mir Spaß gemacht hatte, die Inhalte laiengerecht zu vereinfachen. Es war erstaunlich, dass ich noch nie selbst auf die Idee gekommen war, dies beruflich für Andere zu nutzen. Und es fühlte sich richtig an.

Also Texterin. Als erstes suchte ich nach einem Namen für meine Firma. Denn ein Unternehmen beginnt mit dem Namen und dem Logo. Eine freie Domain zu finden war nicht einfach, denn andere Texter sind ja ebenfalls kreativ. Nachdem ich festgestellt hatte, dass die naheliegenden Firmennamen („Textwerkstatt“, „Kompetext“ etc.) schon registriert waren, scannte ich nach Wortspielen, auf die noch niemand gekommen war. Und dann fiel die Idee vom Himmel: Wörterfall. Diese Assoziation hatte zum Glück noch kein Kollege gehabt.

Auf einmal ging alles ganz schnell: In zwei Tagen hatte ich eine neue Website aufgebaut und einen Flyer gestrickt. Mein damaliges Angebot lautete: alles rund um’s Wort. Mit dem ersten Mailing im Netzwerk Ganzheitlichkeit (dort war ich auch schon Partnerin gewesen, als ich noch als Anwältin gearbeitet hatte), erzielte ich gleich sechs Aufträge, einer davon war ein Internettext und ein Messebanner.

Design kam auch noch dazu.

Ich merkte bald, dass das Texten allein mich nicht genug herausforderte – das war ja wie Atmen. Ich wollte auch designen – einfach, weil es Spaß machte. Von Mark Twain stammt das Zitat: „Was braucht man, um erfolgreich zu sein? Unwissenheit und Selbstvertrauen.“ Ich kannte das Zitat damals zwar nicht, aber es traf auf mich zu: ich war unwissend, was Design anging, aber ich hatte Selbstvertrauen, weil ich als Kind zum Glück nie den Satz gehört hatte: „Das kannst du nicht.“ (wir werden später noch sehen, wie sehr ein solcher Satz einen Unternehmer behindern kann!). Daher ließ ich mich nicht von der Tatsache stoppen, dass ich für einen Designerjob nicht qualifiziert war. Und wenn ich als Juristin trotz zweier Staatsexamina erfolglos geblieben war, konnte ich ebenso gut als autodidaktische Designerin erfolgreich sein.

Das Gute am Texten und Gestalten ist, dass ein außenstehender Betrachter das Ergebnis sofort sieht – und es gefällt ihm oder nicht. Die Qualität ist also unmittelbar visuell wahrnehmbar. Man braucht für diese Tätigkeit keine Zertifikate, und glücklicherweise ist sie auch nicht durch eine Institution geschützt (wie z.B. bei Heilberufen).

Und auf einmal erinnerte ich mich, dass ich schon als Jugendliche die Absicht gehabt hatte, Grafikdesign zu studieren und dann in der Werbung zu arbeiten. Ich hatte mich damals davon entmutigen lassen, dass ich in der Schule neben einem begnadeten Zeichner saß, neben dessen filigranen Kunstwerken meine Zeichnungen stümperhaft und grobschlächtig aussahen. „So wie der werde ich nie zeichnen können!“, hatte ich gedacht – und mich nie getraut, mich an einer Kunsthochschule zu bewerben. Ich kann wirklich nicht besonders gut zeichnen, aber heute, im Zeitalter des Computers, schadet das nicht mehr.

Warum ich weiß, wie Marketing funktioniert, kann ich eigentlich nicht begründen, sondern nur nachträglich rationalisieren.

Als Kind und Jugendliche fühlte ich mich permanent unverstanden. Ständig hörte ich von Anderen, ich hätte eine falsche Wahrnehmung, z.B. wenn ich in manchen Situationen empfindlicher war als die übrigen Anwesenden. Da ich erreichen wollte, a) verstanden zu werden und b) „richtig“ wahrzunehmen, begann ich schon mit 13 Jahren, mich intensiv mit Psychologie zu beschäftigen. Später kamen Kommunikations- und Wahrnehmungspsychologie dazu.
Zwar führte dies natürlich nicht dazu, dass mich plötzlich alle verstanden hätten, oder dass ich auf einmal hätte richtig wahrnehmen können. Aber es hatte zur Folge, dass ich dadurch einen Überblick über diese Themen habe, dass ich andere Menschen sehr genau beobachten kann und in der Lage bin, dieses Wissen auch weiter zu geben.

Ich beobachte sehr genau mein eigenes Konsumverhalten und das der Anderen.

Ich lerne aus eigenen Marketingfehlern und aus denen der Anderen. Ich finde es z.B. unglaublich interessant, zu beobachten, warum ich ein Schaufenster ansprechend oder abstoßend finde, und es macht mir Freude, mir zu überlegen, was man an einem unvorteilhaften Schaufenster ändern müsste, damit es anziehender würde. Ich achte darauf, wie ich mich fühle, wenn ich eine Website anschaue: Klicke ich sie weg, weil sie nicht gut aufgebaut ist? Wohin schaue ich zuerst? Fühle ich mich verwirrt? Oder habe ich Lust, gleich anzurufen? Interessiert mich der Inhalt eines Flyers? Was denke ich über den Unternehmer? Will ich den Text lesen? Warum will ich ihn nicht lesen?

Da ich mittlerweile gelernt habe, meiner Wahrnehmung zu trauen, weiß ich intuitiv, welche Werbung funktioniert und warum, oder warum etwas nicht funktioniert. Die vielen Bücher, die ich inzwischen über Kundenbindung, Werbung und Marketing gelesen habe, ergänzen mein Wissen.

Für mich ist Werbung und Marketing ein wundervolles Spiel – aus Kreativität und Wahrnehmungs- und Kommunikationspsychologie. Und natürlich aus ansprechendem Design und berührenden Texten.

Stand Juli 2024 – Ich habe die Anwaltszulassung wieder!

Der Anteil der Kunden in Heilberufen wurde immer größer, und ich will mein Angebot auf Onlineprodukte ausweiten. Künftig möchte ich meinen Videokurs über die DSGVO besser vermarkten und auch ein Kurspaket anbieten, in dem Heilberufler das abmahnsichere Texten erlernen.
Dafür ist es mich wichtig, die Anwaltszulassung zu besitzen, damit ich nicht selbst in Schwierigkeiten komme. Und ich bin jetzt alt genug, mir nicht mehr zu viel zuzumuten, sondern mich auf das Rechtsgebiet zu beschränken, in dem ich mich auskenne: Heilmittelwerberecht. Und so schließt sich ein Kreis! 😃