Heilpraktiker und ihre Webtexte – zur Unklarheit gezwungen

Ist es nicht hanebüchen, welche schwammigen Webtexte Heilpraktiker auf ihren Websites veröffentlichen? Man liest und liest und weiß hinterher immer noch nicht, was da eigentlich gemacht wird. Nur Laberlaber. Warum sagen sie nicht klar und deutlich, was sie tun und wofür es gut sein soll?

Ganz einfach: Weil sie es nicht dürfen. Wenn sie schreiben würden, was wirklich bei manchen Methoden passiert, würde jeder Text nur so strotzen vor Heilversprechen, und alle  Seiten hätten Gästebücher, in denen begeisterte Klienten ihre Dankbarkeit ausdrücken.

Klare Erklärungen auf die Website eines Heilpraktikers/Heilers zu schreiben ist ungefähr so, als würden Sie sonntags nackt vor einer Kirche in Texas singen.

Sie werden nie erfahren, wo und wie eine Methode funktioniert hat – außer im Gespräch mit Ihren Bekannten ( sofern diese nicht Angst haben, von Ihnen ausgelacht zu werden). Denn man darf nicht schreiben, was manche Methoden leisten können. Man darf auch kein Gästebuch haben, denn es besteht die Gefahr, dass man wegen irreführender Werbung richtig Ärger bekäme: Man könnte hart bestraft oder mindestens abgemahnt werden.

Beispiel: Im Jahr 2010 stand eine Synergetik-Therapeutin vor der Strafkammer des Landgerichts Frankfurt, weil sie auf ihrer Website Krankheiten und Beschwerden aufgelistet hatte, gegen welche die Synergetik-Therapie helfen solle, nämlich z.B. Depressionen, Traumata, Schlafstörungen, Ängste etc.

Im Strafbefehlsverfahren (schriftliches Verfahren, sozusagen ein Pendant zum Mahnverfahren in Zivilsachen) war der Therapeutin angeboten worden, gegen Zahlung einer Auflage in Höhe von 8.000 Euro das Verfahren einzustellen. Das war ungefähr der Betrag, den sie durch ihre Arbeit überhaupt erzielt hatte. Sie hatte abgelehnt, und daher war es überhaupt zur Hauptverhandlung gekommen.

Die Frankfurter Rundschau berichtete über den Fall und druckte ein Bild von Osho ab; wahrscheinlich, weil der Ausbilder der Therapeutin Osho-Anhänger ist, und wohl auch, weil man dadurch der ganzen Methode die Seriosität entziehen konnte. Die Berichterstattung war ebenfalls tendenziös und dazu bestimmt, die Nicht-Heilmethode in ein unglaubwürdiges Licht zu setzen. Und das, obwohl im Publikum Klienten der Therapeutin saßen, die zum Teil mit schweren Krankheiten zu ihr gekommen waren und denen es äh…gut geht. In der Synergetik-Behandlung machen die Klienten Innenweltreisen. Der Klient wird nicht berührt. Die Arbeit besteht in der Begleitung bei der Innenreise, der begleitende Synergetiker stellt nur Fragen. Dass die Methode auch heilt, ist eher ein Nebenprodukt.

Der Angeklagten wurde vorgeworfen, dass sie die Klienten hätte wegschicken müssen, als sie hörte, dass diese krank waren. Den Synergetik-Therapeuten wird vorgeworfen, dass sie psychotherapie-ähnlich arbeiten, und das eben ohne HP-Schein und mit Kranken.
Das Landgericht hat die Therapeutin in all den Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt, in denen die Klienten krank waren und/oder wegen einer „Krankheit“ zu ihr kamen, und in den Fällen, wo die Klienten gesund waren und wegen allgemeiner Persönlichkeitsentwicklung oder Sinnfindung, Beziehungsklärung usw. zu ihr kamen, wurde sie freigesprochen.
Die Angeklagte ist übrigens mit Unterstützung von Bernd Joschko, der endlich Klarheit für alle Therapeuten haben wollte, bis vor den BGH gegangen. Auch dort hat sie verloren (siehe Bericht hier).

Werbung für alternative Heilmethoden ist ein Spießrutenlauf

Es gibt immer mehr Behandlungsmethoden, die auf der Energie- bzw. Informationsebene wirken. Viele dieser Methoden sind berührungsfrei oder arbeiten nur mit Handauflegen. Sie setzen in den feinstofflichen Feldern des Menschen an, klären z.B. seine Chakren, korrigieren Glaubenssätze, zapfen das Quantenfeld an, programmieren den Mentalkörper usw.

Aber wegen des Heilmittelwerbegesetzes darf man keine Wirkaussagen machen. Man hat also kaum Möglichkeiten, zu erklären, wie eine Methode wirklich funktioniert. Man darf nur beschreiben, was man konkret tut. Zum Beispiel Hände auflegen. Den ausgestreckten Arm runterdrücken, dabei Fragen stellen und prüfen, ob der Arm leicht runtergeht oder stabil bleibt. Klingt natürlich auch doof, denn auf die Handlung kommt es nicht an.Was bleibt, sind Metaphern und Analogien, aber diese klingen natürlich wolkig und verschwurbelt. Was ganzheitliche Therapeuten sagen dürfen, ist, dass sie die Selbstheilungskräfte unterstützen – aber dieser Satz ist schon so ausgeleiert, dass er niemanden mehr begeistert. Obwohl er stimmt. Und wenn man eine Indikationsliste führt, die mehr als drei Krankheiten enthält, kann einem Werben mit Angst vorgeworfen werden – und damit kommt man mit dem Wettbewerbsrecht in Konflikt.

Ich verorte viele Heilbehandlungen im Bereich der Geistheilung, denn sogar wenn der Patient berührt wird, sind die Methoden nicht invasiv: Es werden ja nur die Hände oder sogar nur einzelne Finger aufgelegt. Der Vorteil: Geistheilung ist vom Bundesverfassungsgericht als ungefährlich eingestuft worden. Der Nachteil: Der Begriff klingt vollkommen unseriös. Man hat man sofort die Assoziation einer weißgewandeten Dame mit Dauerlächeln, die nur eine Show abzieht und hinterher ordentlich kassiert.

Methoden, wo gar nicht mehr berührt wird (in diesem Bereich kenne ich ebenfalls mehrere), kann man im Bereich des Coachings ansiedeln, um den negativen Beigeschmack des Begriffes Geistheilung zu vermeiden. Aber da kommt man leicht den Psychologischen Psychotherapeuten ins Gehege und kann auch von dieser Seite mit Sanktionen rechnen (welche Gesetze außerdem dem UWG  und dem HWG herangezogen werden, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis). Damit man nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommt, muss man also auch im berührungsfreien Bereich darauf achten, nur gesunde Menschen zu behandeln.

Menschen, die zu Heilern gehen, werden in den Medien gerne als manipulierbare, leichtgläubige Spinner dargestellt.

Und dies ist auch der Grund, warum der Banker von nebenan, dessen Rückenprobleme erst durch Quantenheilung besser wurden, seinen Heiler nur ungern dem an Ischias leidenden Chef weiter empfehlen wird. „Was soll der denn von mir denken?!“
Auch Heiler selbst werden gern als Spinner oder als gewissenlose Abzocker präsentiert, die sich hinter dem Rücken ihrer naiven Kunden ins Fäustchen lachen und ihre Scheine zählen. Das hat durchaus Sinn: Wenn alternative Heilmethoden zu viel Raum einnehmen würden, wären in der Pharma-Industrie Arbeitsplätze und Aktienkurse in Gefahr.

Dass vieles von dem funktioniert, was die Schulmedizin als Humbug ablehnt, sieht man auch an einem Erlebnis meiner Freundin Elvira: Sie hat durch ein Augentraining ihre Sehkraft wieder so weit verbessert, dass der Augenarzt erstaunt ausrief: „Sie haben ja ganz neue Augen!“ Als sie ihm erzählte, wie das geschehen ist, holte er  ein Schaubild der Augen, um ihr ausführlich (trotz vollbesetztem Wartezimmer!) zu erklären, warum ein Augentraining diesen Effekt gar nicht haben könne. Hallo?!

Aber auch Ärzte sind natürlich toll und wichtig – sofern man einen gefunden hat, der sein Handwerk versteht. Ich bin z.B. schon seit 30 Jahren begeistert von meinem Hautarzt. Er ist durch und durch Schulmediziner, aber er ist nett, kompetent und respektvoll, obwohl ich keinen Hehl aus meinem Weltbild mache. Schade, dass er bald in den Ruhestand geht.