Werbung Heilpraktiker

Der Tatbestand der „Werbung mit Angst/Verunsicherung“ ist schnell erfüllt.

Worauf musst du achten?

Zur Werbung für Heilpraktiker gehören natürlich abmahnsichere Werbetexte. Besonders tricky ist der Tatbestand Werben mit Angst bzw. Verunsicherung (§ 11 HWG i.V. mit §§ 3, 4 UWG).

Dass du in der Werbung für Heilpraktiker Wirkaussagen oder gar Heilversprechen vermeiden sollten, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Aber Werben mit Verunsicherung ist schwerer zu greifen als eine Wirkaussage. Ich schreibe bzw. überarbeite seit vielen Jahren Werbetexte für HeilpraktikerInnen. In diesen geht es in der Regel um Krankheitsbilder, welche mit alternativmedizinischen Methoden behandelt werden. Nur allzu leicht rutscht man hierbei in den Tatbestand des Werbens mit Verunsicherung. Dieser liegt oft schon dann vor, wenn auf einer Seite ein Krankheitsbild (manchmal sind es auch mehrere) und die Therapie beschrieben werden.

Beispiel: Du hast eine Methode entwickelt, mit der Darmprobleme behandelt werden. Du beschreibst zahlreiche Darmprobleme und stellst direkt danach die Methode vor und was sie leisten soll. Zum Schluss erwähnst du, dass die Methode wissenschaftlich nicht anerkannt ist.

Die Beschreibung von Krankheitssymptomen in engem räumlichem Zusammenhang mit einer Lösung stellt Werben mit Verunsicherung dar. Dieses Verhalten ist also abmahngefährdet. Dies gilt auch dann, wenn du dich zurückhaltend äußerst, was die Methode leisten soll. Es genügt auch nicht, mit Konjunktiven zu arbeiten, weil es auf den Empfängerhorizont ankommt: Wenn der Besucher den Eindruck erhält, die Methode könnte ihm helfen, dann ist eine Wirkaussage vorhanden. Du kannst diese auch nicht mit einem Disclaimer wieder entkräften, denn vielleicht liest der Besucher gar nicht so weit.

Werben mit Verunsicherung ist schwer zu greifen.

Durch meine zahlreichen Besprechungen mit Dr. Anette Oberhauser bin ich für diesen Abmahntatbestand mittlerweile sensibilisiert. Kurz gesagt kann den Besucher alles verunsichern, worauf er keinen Einfluss hat oder was er nicht kennt, aber irgendeine Wirkung im Körper haben soll:

  • Traumata der Vorfahren, die sich auf das eigene Leben auswirken sollen, kann man nicht einschätzen und hat sie nicht unter Kontrolle.
  • In Disharmonie geratene Chakren sollen Krankheiten auslösen, aber der unbedarfte Besucher ist nicht einmal sicher, ob so etwas wie ein Chakra überhaupt existiert, geschweige denn, unter welchen Umständen es sich destabilisiert.
  • Löcher in der Aura können ebenfalls irgendwann Krankheiten auslösen – was war nochmal gleich eine Aura?
  • Auch Pilze oder falsche Bakterien im Darm können Angst auslösen: „Hab ich das? Ist das schlimm?“
  • Sogar ein Zitat wie „Der Tod lauert im Darm“ vom altehrwürdigen Paracelsus ist eine verunsichernde Granate, die man im Zusammenhang mit Werbung niemals verwenden darf.

Was versteht man unter dem „Empfängerhorizont“?

Der Empfängerhorizont ist das Weltbild, das ein Besucher deiner Website hat, und zum anderen der Eindruck, den deine Website aufgrund seines Weltbildes auf ihn macht, und welche Erwartungen deine Texte bei ihm erwecken. Es kommt aber nicht darauf an, was deine  tatsächlichen Patienten über deine Arbeit wissen oder denken. Sondern es kommt darauf an, was der Richter glaubt, dass sie denken könnten. Wenn du eine abmahnsichere Website haben willst, schreibe – bzw. wir gemeinsam – die Internettexte also nicht in erster Linie für deinen wirklichen Patienten, sondern für den Patienten, wie ihn sich der Richter oder der Abmahnverein vorstellen.

Im ungünstigsten Fall – einer Abmahnung – sind folgende Personen beteiligt: Du als HeilpraktikerIn schreibst Werbetexte für die Besucher deiner Website (Patienten), du wirst von einem Abmahnverein abgemahnt (vielleicht auch von einem Mitbewerber), du wehrst dich, der Abmahnverein verklagt dich, der Fall landet beim Richter, und dieser muss über den Fall urteilen.

Da der Abmahnverein mit Abmahnungen Geld verdient, wird er auf jeden Fall die strengstmögliche Interpretation deiner Texte zugrunde legen. Der Richter hat ein bestimmtes offizielles Weltbild (vielleicht geht er privat selbst zum Heilpraktiker, aber es ist fraglich, ob er diesen Umstand in seine Beurteilung einfließen lässt) und stellt sich daher einen bestimmten Patienten mit eigenem Empfängerhorizont vor.

Aus der umfangreichen Rechtsprechung zum Heilmittelwerberecht lässt sich ableiten, dass Richter nach dem herrschenden mechanistischen Weltbild davon ausgehen, dass nichts wirkt, was nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist. Der Empfängerhorizont des tatsächlichen Patienten spielt für einen abmahnsicheren Text keine Rolle. Auch wenn also deine tatsächlichen Patienten ein anderes Weltbild haben, wird bei den meisten Gerichten von einem unbedarften Verbraucher ausgegangen, der vor Unheil geschützt werden muss, weil er dazu mangels Sachverstandes nicht selbst in der Lage ist. Wenn deine Texte geeignet sind, einen unbedarften Verbraucher zu verunsichern, dann greift der Tatbestand Werben mit Verunsicherung, und du könntest gemäß dem Antrag des Abmahnvereines verurteilt werden.

Aus diesem Grund schreib‘ die Texte direkt an den Patienten, wie ihn sich der Richter vorstellt. Auch wenn die Zielperson, die du im Vorfeld hoffentlich ermittelt hast, ein anderes Weltbild hat, als der Richter annimmt, und eigentlich nicht verunsichert wäre, achte beim Texten darauf, trotzdem nichts Verunsicherndes zu beschreiben. Und ich rate dringend, die Werbetexte vor Veröffentlichung anwaltlich prüfen zu lassen. Dies ist auf jeden Fall billiger als eine Abmahnung.

„Was darf ich denn sagen?“

Du möchtest wissen, was du als Heilpraktikerin, Heilerin oder Coach tun bzw. schreiben darfst, damit du keine Post vom Abmahnverein oder gar eine Strafanzeige bekommst?

Hierfür habe ich dir eine Liste mit zehn Dos & Don’ts zusammengestellt und ein Praxisbeispiel angehängt.

Klick‘ auf das Bild, um mehr zu erfahren:

Dos & Donts