Manche Coaches, Therapeuten oder Heilpraktiker haben vorher ganz andere Berufe ausgeübt: Bankangestellte, IT-Berater, Marketingspezialisten etc. Oft geht einem solchen Berufswechsel ein Schicksalsschlag bzw. ein tiefer innerlicher Prozess voraus – ausgelöst durch eine schwere Krankheit, den Verlust eines nahestehenden Angehörigen, ein Burn-Out oder ähnliches. Und sehr oft hat überhaupt erst dieser Schicksalsschlag dazu geführt, dass die betroffene Person eine neue Perspektive eingenommen hat – auf ihr eigenes Leben im Besonderen, aber auch auf das Leben ganz allgemein. Der Schicksalsschlag ist somit oft eine notwendige Bedingung für den Berufswechsel.

Soll man als Unternehmer diesen Schicksalsschlag auf seiner Website oder im Flyer erwähnen oder nicht? Will dein Kunde wissen, dass du bereits ein Kind verloren hast? Oder dass du eine Krebserkrankung hattest?

Das kommt darauf an, welche Art von Leistung du anbietest. Wenn du Traumatherapeut bist, qualifiziert es dich sehr, selbst durch Traumata durchgegangen zu sein (und vermutlich gibt es sowieso keine Traumatherapeuten, bei denen das nicht der Fall ist). Wenn du Menschen also durch tiefe Prozesse begleitest, ist dein eigenes Leid ein Qualitätsmerkmal: Der Klient hat die Sicherheit, dass du empathisch bist, dass du ihn wirklich verstehst und ihn abholen kannst, wo er gerade steht, und dass du ihm klar und ruhig den Raum geben kannst, den er braucht.

Er kann darauf vertrauen, dass du nicht hektisch versuchen wirst, ihn wieder aus dem Dramakeller herauszuschaffen, in welchem er gerade seinen tiefsten Schmerz gefunden hat. Du kannst stehen bleiben und das Vertrauen bzw. die Gewissheit haben, dass er wieder herausfindet, und dass alles gut wird.

Wenn ich persönlich zu einem Therapeuten gehe, will ich wissen, dass er innere Schmerzen hatte und dass er sie erfolgreich überwunden hat.

Je glücklicher der Therapeut, umso besser. Einem Therapeuten, bei dem das ganze Leben glatt gegangen ist, traue ich weniger zu – und zwar auch dann, wenn er seine ganze Praxis mit Zertifikaten vollgehängt hat.

Aber es ist dennoch heikel, Schicksalsschläge zu erwähnen.

Wenn du so viel Leid erlebt hast, dass es für mehrere Leben bzw. Personen reichen würde, kann das deine Klienten auch abschrecken. Es kann deren Mitgefühl oder Mitleid provozieren – und das kann dazu führen, dass ihr die Rollen tauscht: obwohl du eigentlich etwas geben wolltest, hat der Klient den Eindruck, du müsstest etwas bekommen. Es kommt daher entscheidend darauf an, wie du die Informationen präsentierst und wie viele du preisgibst. Wenn du schon viel mitgemacht hast, solltest du nicht alles veröffentlichen, sondern nur gerade so viel, dass dein Leid dich als Heiler qualifiziert, aber nicht bedürftig erscheinen lässt oder Mitleid provoziert.

Wo sollte man die Schicksalsschläge erwähnen?

Ich habe eine Website gesehen, wo der Coach auf der Startseite im ersten Absatz von seiner Krebserkrankung berichtet hat. Erst nach dieser Information beschrieb er sein Angebot.
Die Startseite ist die Seite, auf der du deine Besucher begrüßt. Sie ist also der Einstieg ins Gespräch. Stell‘ dir vor, jemand begrüßt dich und sagt: „Guten Tag, mein Name ist Willibald Obergrieser, ich hatte vor drei Jahren Krebs.“ Wie fühlt sich dies an? Willst du das wissen? Bei mir zumindest löst eine solche Eröffnung sofort einen Fluchtreflex aus.

Wenn man als Coach arbeitet, kann diese Information jedoch wichtig sein – wenn man sie auf die Profilseite setzt. Allerdings sollte man sie nicht ganz oben positionieren, sondern lieber weiter unten oder sogar auf einer Extraseite, die man nur durch einen Link direkt von der Profilseite aus erreicht, und die auch nicht suchmaschinenoptimiert ist.

Wenn dein Schicksalsschlag nicht als Qualizierung sozusagen „einschlägig“ ist, solltest du ihn nicht erwähnen. Es sei denn, du hast sonst eine Lücke im Lebenslauf, oder bestimmte Wendungen in deiner Biografie sind sonst nicht nachvollziehbar.

Ich habe für eine Kundin gearbeitet, die schon drei Kinder durch Fehlgeburt bzw. plötzlichen Kindstod verloren hatte. In ihrem Fall empfahl ich, die Tatsache nicht einmal auf der Profilseite zu erwähnen, weil die Information für die Besucher ihrer Seite gar nicht relevant war. Sie arbeitete zwar als Coach, aber dies nahm auf ihrer Website vergleichsweise wenig Raum ein. Wir formulierten daher einen unaufdringlichen Satz, der nicht näher ins Detail ging, sondern nur darauf hinwies, dass sie auch die Schattenseiten des Lebens schon kennengelernt hatte.

Der Autor und Filmemacher Clemens Kuby ist vor allem deshalb so erfolgreich, weil er querschnittsgelähmt war und sich selbst geheilt hat. Diese Selbstheilung ist die Säule seiner Arbeit, und in diesem Fall muss sie auf der ersten Seite stehen – vor allem, weil sie so wundersam erscheint und damit großes Interesse nach sich zieht.

Wo Sie deinen Schicksalsschlag auf deiner Website marketingtechnisch verarbeiten kannst/solltest, muss man im Einzelfall prüfen.

Wenn du z.B. Krebs hattest und ihn mit geistigen Methoden heilen konntest, und wenn deine Arbeit hauptsächlich darin besteht, andere krebskranke Menschen zu unterstützen, den Krebs zu heilen, dann kann diese Information auf der Startseite stehen. Wenn der Krebs dich hingegen nur auf deinen geistigen Weg gebracht hat, dann kann diese Information deine potenziellen Kunden auch abschrecken. Ich empfehle, sich in den Lieblingskunden genau einzufühlen (z.B. im Rahmen einer systemischen Arbeit) und aus seinem Feld heraus festzustellen, wie er mit einer solchen Information umgehen würde: ob sie sein Vertrauen zu dir vergrößert oder ob er sich eher überfordert fühlen würde.

Übung:

Stell‘ dir deinen persönlichen Lieblingskunden so genau wie möglich vor. Sag‘: „Ich habe die Absicht, mich dem Feld dieses Lieblingskunden zur Verfügung zu stellen. Jetzt!“ Fühle das Feld, das um dich entsteht. Vermutlich fühlst du dich anders als sonst. Stell‘ dir vor, was du als Lieblingskunde brauchst, um die Dienstleistung interessant zu finden. Was wilst du von dem Unternehmer wissen? Willst du wissen, dass seine Frau gestorben ist oder dass er einen Gehirntumor hatte? Falls du das wissen willst – auf welcher Unterseite des Webauftritts findest du diese Information unaufdringlich und angemessen platziert?
Wenn du genug Information gesammelt hast, sag‘: „Ich verlasse das Feld meines Lieblingskunden wieder und stehe ihm nicht mehr zur Verfügung. Jetzt!“ Mach‘ einen deutlichen Schritt zur Seite oder nach vorne und fühle, wie du wieder in deinem eigenen Feld stehst.

Wenn du noch Fragen hast, emaile mir oder ruf‘ mich an.